Rückblick auf die Geschichte des Männergesangvereins „Eintracht“ 1863 e. V. Limburg“
Die Geschichte des vereinsmäßig organisierten Männergesangs begann in Limburg im Jahre 1818 mit dem „Männergesangverein Concordia“ (= Eintracht). Dessen erster Dirigent war Joseph Horn, Keller des Grafen von Walderdorff (HHStAW: Abt. 211, Herzoglich-Nassauische Landesregierung, Nr. 670) und einige Jahre Organist an der Stiftskirche Dietkirchen sowie ehrenamtlicher Leiter des Domchores. Präsident der „Concordia“ war Heinrich Trombetta, Mitglied einer angesehenen Kaufmannsfamilie der Stadt Limburg. Der letzte öffentliche Auftritt der „Concordia“ war bei der Feier zur Eröffnung der Limburger Eisenbahnstation im Jahre 1862 (Anzeigen Blatt für Limburg, Diez, Runkel, Anzeige vom 22.06.1862). Der Gesangverein „Concordia“ Limburg wurde somit zehn Jahre vor der „Sängervereinigung Herborn von 1828“ gegründet, über die bei der Ausstellung „Herzogtum Nassau 1806 – 1866“ berichtet wurde, dass sie „die erste Gesangvereinigung des Nassauer Landes“ sei.
Der 1827 aus dem Pfarrchor entstandene Domchor wurde 1837/38 ein Verein, der sich freiwillig verpflichtete, neben den Pfarrgottesdiensten an Festtagen Kathedralgottesdienste musikalisch mitzugestalten. Der Domchor bezeichnete sich daher als „Domgesangverein“ und formulierte in seinen Statuten als Vereinszweck zwar die „Hebung des Kirchengesangs und Aufführung lateinischer Messgesänge an zwölf hohen Festtagen“, legte jedoch als geselligen Vereinszweck „die angenehme Unterhaltung durch entsprechende Gesangsstücke“ als überaus wichtiges Anliegen fest (Archiv Dompfarrei: Statuten des Domchores 1846). Da der Herzog von Nassau keine finanziellen Mittel für den Gottesdienst vorgesehen hatte, konnten weder das Domkapitel, noch der Bischof Honorar für einen Domkapellmeister und Mittel für Musikalien, geschweige denn für die Domchorsänger aufbringen.
So kam es, dass am Montag, dem 13. April 1863, in der Gaststätte des Johann Hilf, dem Weinhaus Schultes an der Plötze, Mitglieder des Männergesangvereins „Concordia“ und des „Domgesangvereins“ sich zum „Gesangverein Eintracht 1863“ zusammenschlossen. Das Protokoll hierüber wurde von 42 Sängern unterzeichnet.
Die „Concordia Limburg“ ist folglich im Gesangverein „Eintracht 1863“ aufgegangen. Somit stehen „Concordia“ und „Eintracht“ nicht in einem Verhältnis der Rechtsnachfolge, sondern der Identität. Die übersetzte Namensgleichheit kann kein Zufall sein! Der Männergesangverein „Eintracht 1863“ ist nicht nur der älteste aktive Gesangverein der Kreisstadt, sondern kann mit Fug und Recht behaupten, der älteste Gesangverein des Landkreises und darüber hinaus zu sein.
Der neu gegründete Chor wählte den Geheimen Justizrat Hubert Arnold Hilf zu seinem ersten Präsidenten. Die musikalische Leitung übernahm Lehrer Joseph Probeck, der schon seit 1857 die „Concordia“ geleitet hatte.
Auch unter seinem Nachfolger als Dirigent, Reallehrer Adolf Bill, blieb die „Eintracht“ noch ein gemischter Chor (Kreisgerichtsblatt für den Kreisgerichtsbezirk Limburg, Anzeige vom 7.12.1870). Allerdings wollte wohl die Mehrheit der Mitglieder die angestrebte Entwicklung hin zu einem gemischten Chor mit kirchenmusikalischen Ambitionen nicht mittragen, sondern nur Männergesangverein sein. So gab Adolf Bill sein Dirigentenamt 1871 ab, die Frauenstimmen folgten ihm wohl in seinen neugegründeten gemischten Chor „Liedertafel“ oder verließen aus anderen Gründen bis zum Jahre 1873 den „Gesangverein Eintracht 1863“.
Von Anfang an war der Gesangverein bemüht, eine innige Verbindung zur städtischen Gesellschaft zu unterhalten und die Geselligkeit zu pflegen. Echte Sangeskunst auf hohem Niveau sollte geboten werden. Bei besonderen Ereignissen oder Festlichkeiten stellte man sich uneigennützig und gerne in den Dienst der Allgemeinheit. Insbesondere war man bemüht, die Mitglieder der gehobenen Gesellschaft nicht nur als Konzertbesucher, sondern auch als aktive oder fördernde Mitglieder für den Verein zu gewinnen. Bereits zur Fahnenweihe am 11. Juli 1875 (Vereinsarchiv des MGV Eintracht 1863: Protokollbuch 1870 bis 1887) wurden Amtmann Lorsbach, Bürgermeister Hartstein und der gesamte Gemeinderat eingeladen. Es dauerte auch nicht lange, bis herausragende musikalische Leistungen und der guter Ruf des Vereins bewirkten, dass Konzerte nicht nur stark besucht waren, sondern dass man dabei auch „die Honoratioren der Stadt“ begrüßen konnte.
Im musikalischen Bereich zeichneten von jeher die Dirigenten für die Qualität des Gesangs, ein breites Spektrum des Liedgutes sowie Kontakte zu anderen Chören verantwortlich. Schon früh nahm die „Eintracht“ Kontakt zu andern heimischen Chören auf, um an Gesangswettbewerben oder Gemeinschaftskonzerten teilzunehmen. Aus diesem Grund trat der Verein auch dem 1883 gegründeten Nassauischen Sängerbund bei und beteiligte sich erfolgreich an dessen Gesangswettstreiten. Neben der Teilnahme an Gesangswettbewerben wurden die Stiftungsfeste zugleich Marksteine in der Geschichte der „Eintracht“. Der fünfte Gesangswettstreit des Nassauischen Sängerbundes im Juli 1893 wurde zugleich als Festveranstaltung zum 30-jährigen Bestehen der „Eintracht“ in Limburg ausgetragen.
Schwere und wechselvolle Zeiten brachten die beiden Weitkriege auch für die „Eintracht“. Noch in der Zeit der Nachkriegsnot und der langsam erwachenden Normalität der Lebensbedingungen forderte die Aufrechterhaltung des Vereinslebens die Anstrengungen aller Mitglieder. Man versuchte nicht nur, in Not geratene Mitglieder zu unterstützen, sondern veranstaltete auch Wohltätigkeitskonzerte, um einen Beitrag zur Linderung der größten Not zu leisten.
Schon zum 90-jährigen Stiftungsfest 1953 konnte man mit Stolz behaupten, den Verein erfolgreich durch die Stürme der Jahre geführt zu haben. Aus den Protokollen der Nachkriegsjahre erfährt man, dass die Sänger der „Eintracht“ bereits 1945 unter Domkapellmeister Hans Pabst im Dom auftraten, und dass im Dezember 1946 ein Konzert im Georgshof mit besinnlichen Chorstücken aufgeführt wurde.
Neben inländischen Kontakten bereits 1951 nach Linz und Mainz wurden danach auch Kontakte über die Grenzen hinaus gesucht. In der Absicht, in bescheidenem Rahmen mitzuhelfen, das Verstehen der Menschen untereinander über die Grenzen hinaus zu fördern, wurden erste Kontakte ins Ausland geschlossen, ein Bestreben, das auch heute noch Gültigkeit für die „Eintracht“-Chöre hat, zumal der Prozess der gegenseitigen Verständigung beständig weiter geführt werden muss.
Nicht nur für die Chorarbeit im nationalen und internationalen Bereich setzte sich der MGV „Eintracht“ ein sondern auch für die Gemeinschaft der Gesangvereine. So war der MGV Gründungsmitglied des 1883 in Limburg gegründeten Nassauischen Sängerbundes sowie nach den Kriegszeiten beim Aufbau der neuen Sängergemeinschaft dem Hessischen Sängerbund (1950). Bei ersterem beteiligte sich Josef Hilf als Beisitzer, bei letzterem war „Eintracht“-Vorsitzende Adam Hamm an der Vorstandsarbeit beteiligt.
Entsprechend seinem Namen verfolgte der Gesangverein von Anfang an die Leitidee, in der Bürgerschaft einigend zu wirken. Eintracht – Concordia - war Motto und Programm, mit dem man die unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen einträchtig in der Pflege des deutschen Liedguts zusammenführen wollte. Von Beginn an traten die Sänger bei feierlichen Anlässen, aber auch bei Wohltätigkeitsveranstaltungen auf. 1891 wirkten sie bei der Enthüllung des Kriegerdenkmals auf dem Friedhof mit und beteiligen sich bis heute regelmäßig an den Gedächtnisfeiern am Volkstrauertag.
Gutes Einvernehmen mit den christlichen Kirchengemeinden besteht seit der Gründung der „Eintracht“ bis heute. 1866 sang man zur Einweihung der evangelischen Kirche sowie 1905 beim 25-jährigen Jubiläum des evangelischen Kirchenchores. 1866 gestaltete die „Eintracht“ die feierliche Übergabe der Kapelle „In der Erbach“ an die jüdische Gemeinde.
Das Verhältnis zur katholischen Kirche war ebenso harmonisch. Die „Eintracht“ wirkte bei Amtseinführungen, Jubiläen und Beerdigungen der Stadt- und Domgeistlichen mit. Traditionsgemäß gab der Verein am 2. Weihnachtsfeiertag ein Weihnachtskonzert und beteiligte sich an den Fronleichnams-Prozessionen. Zum 25-jährigen Bischofsjubiläum von Bischof Peter Joseph Blums traten die Sänger im Jahre 1867 erstmals wieder im Dom auf. Wiederholt gab die „Eintracht“ Wohltätigkeitskonzerte, deren Erlös für die Restaurierung der Stadtkirche verwendet wurde, erstmals 1884 und zuletzt im Jahre 2006.
Musik und Geselligkeit waren und sind noch heute wesentliche Elemente der Vereinsgeschichte. Als traditionelle gesellige Aktivität der „Eintracht“ ist die Brauchtumspflege im Karneval zu nennen. Der Limburger Karneval wie wir ihn heute feiern ist etwa 160 Jahre alt und somit ein wesentlicher Teil der Limburger Stadtgeschichte. Als sich die Vereine „Concordia“ und „Domgesangverein“ 1863 zum „Gesangverein Eintracht“ zusammenschlossen war beiden Gruppen die Fastnacht nicht fremd. Inserate aus den Limburger Tageszeitungen und Mitteilungsblättern liefern erste Belege für die „tollen Tage“ in Limburg in vergangenen Zeiten.
Unter Präsident Josef Seif wurde 1959 der „Eintracht“-Kinderchor gegründet. Mit 75 Kindern begann der erste Chorleiter Dr. Hubert Wahler die Chorprobe. Dieser Chor entwickelte sich zu einer echten Bereicherung im musikalischen Leben der Stadt und darüber hinaus. Er konzertiert mit dem Bielefelder Kinderchor, dem Jugendchor Ústi nad Labem (Aussig an der Elbe) und dem Knabenchor aus Hasselt (Belgien). Anfang der neunziger Jahre musste die Tätigkeit des Kinderchores wegen fehlenden Nachwuchses eingestellt werden (Ausführlich in: „Ein Männerchor und seine Heimatstadt“, Limburg 1987).
So wartete das Jahr 1991 mit grundlegenden Neuerungen in der Vereinsstruktur auf. Auf Initiative des damaligen Präsidenten Heinz Krah wurde der Frauenchor gegründet, dem auch einige Mitglieder des ehemaligen Kinderchores beitraten.